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Die Kunst des Positiven Denkens – von Psychologin Ricarda Suska

Ich freue mich, euch heute einen wunderbaren Text von Ricarda Suska zu präsentieren. Ricarda ist eine meiner besten Freundinnen und eine tolle Psychologin, die sich vor allem mit positiver Psychologie auseinandersetzt. Zu ihrer Arbeit gehören Coachings, Vorträge & Workshops rund um das Thema Psychologie. Aber auch bei Instagram oder ihrem Podcast „Mental Breakfast – Psychologie zum Frühstück“, erfahrt ihr jede Menge Wissenswertes & kleine Tipps, die besonders zur dunklen Jahreszeit wie gerufen kommen. Schaut unbedingt mal vorbei! Und ab jetzt hat Ricarda das Wort 🙂 Viel Spaß beim Lesen!

Ein Zimmer ohne Kunst, ist wie ein Leben ohne Glück

Kennst du dieses Gefühl ganz in die Betrachtung eines Gemäldes versunken zu sein? Die lebhaften Farben, die verschiedenen Texturen, die verspielten Formen – etwas daran lässt deine Stimmung leichter und heller werden.

Für mich als Psychologin sind es diese Momente, die mich innehalten lassen. Ich erinnere mich dann daran, was alles gut in meinem Leben ist, was ich geschafft habe und wofür ich dankbar bin. Ich erinnere mich daran, dass wir selbst wählen können, worauf wir unseren Fokus im Leben richten wollen: Auf die graue Wand oder das farbenfrohe Bild, welches daran hängt.

Beschäftigung mit Problemen

Das klingt im ersten Moment vielleicht ein bisschen kitschig oder zu optimistisch oder einfach zu abstrakt, aber ich kann das genauer erläutern:

Wie oft versinken wir im Alltagsstress – voller Probleme und Herausforderungen, fremdbestimmt von Anforderungen und Erwartungen? Und auch mir geht es dann manchmal so, dass ich mich ausgeliefert fühle: Der dicke Stau, wegen dem ich zu spät gekommen bin, das viel zu volle Postfach, für das es schon wieder zu wenig Zeit gab, das Familienmitglied, dem es nicht gut geht und ich nicht weiß wie ich helfen soll, die Klientin, die trotz aller Anstrengung gerade keine Fortschritte macht, die viel zu schlechte Versorgung von Menschen mit psychischen Problemen, die so lange auf Therapieplätze warten, bis es Ihnen so schlecht geht, dass sie es kaum noch schaffen überhaupt die Therapie ohne Klinikaufenthalt anzutreten.

Und dann liege ich abends im Bett und denke nach: „Wenn ich morgens früher fahre, kann ich den Stau umfahren, aber dann komme ich auf den Rückweg in den viel schlimmeren Feierabendverkehr. Auf die Bahn kann man sich schließlich nicht verlassen. Und das ausgerechnet heute, als die Klientin auf mich warten musste, um die ich mir Sorgen mache. Warum macht sie denn keine Fortschritte? Was habe ich falsch gemacht? Hätte ich etwas anders machen sollen? Und überhaupt: wie soll ich mit all diesen Gedanken nun noch einschlafen?“

Vom Problemfokus zum Positivfokus

Vielleicht kennst du das auch: Je mehr kleine und große Probleme dazukommen, desto mehr sind wir damit beschäftigt, diese Probleme zu analysieren, sich darauf zu fokussieren in der Hoffnung dann vielleicht eine Lösung zu finden. Doch wieso denken wir es nicht mal andersherum? Warum schauen wir gerade in Situationen, in denen es schwierig ist, so genau und fokussiert auf diese Probleme? Wie wäre es denn ausgerechnet dann mal auf das zu gucken, was gerade gut ist? Das klingt im ersten Moment vielleicht ein bisschen merkwürdig oder wie eine unlösbare Aufgabe.

Perspektivwechsel: Vom Unkraut zum Garten der Möglichkeiten

Doch wie wäre es mit einem Bild? Wir können es mal wie der Psychologie-Professor und Begründer der Positiven Psychologie Martin Seligman betrachten:

Wenn dein eigenes Glück und Wohlbefinden ein Garten wäre, dann wären all deine Probleme das Unkraut darin. Und selbst wenn du es mit all der Grübelei und dem Fokus auf die Probleme tatsächlich schaffen würdest all das Unkraut aus deinem Garten heraus zu zupfen – was hättest du dann? Dein Unkraut wäre bekämpft, doch im besten Fall wäre dein Garten dann ein Stück Wiese – oder noch schlimmer: ein Haufen Erde. Doch das macht keinen schönen Garten aus! Ein Garten lebt von Blumen und Pflanzen und Bäumen und Farben und Bienen und vielleicht einer gemütlichen Schaukel. Natürlich kannst du das Unkraut nicht komplett sich selbst überlassen, sonst wuchert es deinen ganzen Garten zu, aber viel wichtiger ist doch, Blumen zu pflanzen, Pflanzen zu düngen und all das, was schön ist zu gießen und zu pflegen.

Du kannst es dir auch vorstellen, wie einen leeren, Raum, aus dem wir alles, was wir nicht schön finden, erfolgreich entrümpelt haben. Doch jetzt starrst du auf diese leere weiße Wand. Um den Raum zu verschönern und dich wirklich darin wohl zu fühlen, kannst du nicht nur rausschmeißen und wegwerfen, du musst Neues und Schönes dazu holen, Dinge in den Raum bringen, die ihn gemütlicher machen: ein schönes Bild, eine einladende Einrichtung oder Farben, die dich glücklich machen.

Kleine Schritte für mehr Positivfokus und Dankbarkeit

Deswegen frage ich als Psychologin jede*n meiner Klient*innen folgende Fragen:

  • Was tut dir gut? Was macht dir Spaß? Wobei tankst du neue Energie? Wann bist du ganz im Hier und Jetzt? Wann vergisst du Zeit und Raum? Das können Tätigkeiten, andere Menschen, bestimmte Situationen oder Umgebungen sein. Wie kannst du mehr davon in dein Leben holen?
  • Wann tritt dein Problem nicht auf? In welchen Momenten/ Situationen / Umgebungen / Zeiten kannst du das Problem schon gut oder besser bewältigen? Wie kannst du mehr von diesen Momenten kreieren?
  • Bei all den aktuellen Schwierigkeiten: wofür bist du dankbar? Das können größere Dinge sein, wie die Rückendeckung deiner Familie oder auch ganz kleine Dinge, wie ein warmer Kaffee am Morgen.

Die Was-ist-gut-gelaufen-Übung

Eine gute Übung, um den Fokus wieder auf die Blumen deines Gartens oder den bunten Bildern deines Wohlfühl-Raumes zu richten ist auch die „Was ist gut gelaufen Übung“ von Martin Seligman aus der Positiven Psychologie, die du sofort selbst ausprobieren kannst:

Schreibe jeden Abend drei Dinge auf, die an diesem Abend gut gelaufen sind und überlege dir dabei warum sie gut gelaufen sind und was dein Anteil daran war.

Das kann etwas sein, was an diesem Tag schön war: nette Worte, eine schöne Begegnung, die Sonne in deinem Gesicht. Das kann auch etwas ein, für das du dankbar bist: deine Freunde, deine Gesundheit oder einen freien Abend. Das kann ein kleiner oder großer Erfolg sein: vielleicht hast du heute geschafft genug Wasser zu trinken oder hast etwas Leckeres und Gesundes für dich gekocht, vielleicht hast du endlich dieses einen Anruf getätigt, vor dem du dich so lange gedrückt hast vielleicht hast du dieses lange Projekt auf der Arbeit abgeschlossen oder vielleicht hast du es endlich geschafft dir Hilfe zu suchen und dich zu öffnen.

Ich bin immer wieder beeindruckt von der Kraft dieser Übung: bei meinen Klient*innen, bei mir selbst, oder in der Forschung.

So konnte in Studien gezeigt werden, dass Versuchspersonen, die diese Übung eine Woche lang gemacht hatten im Gegensatz zur Kontrollgruppe nicht nur eine höhere Lebenszufriedenheit, sondern auch niedrigere Depressionswerte aufzeigten – und das auch noch ein halbes Jahr später! Wie das sein kann? Die Teilnehmenden, die bei der Studie mitmachen, hatten so viel Freude an der Übung, dass sie sie auch nach der Woche ab und an durchführten. Bei einigen wurde diese zu einem festen positiven Ritual am Abend.

Anker für den Alltag setzen

Auch ich führe positives Tagebuch. Manchmal mache ich die „was ist gut gelaufen Übung“, manchmal schreibe ich auf, wofür ich heute dankbar bin oder stelle mir andere der oben aufgelisteten Fragen.

Und weil ich weiß, dass dies im Alltag auch mal untergehen kann, schaue ich manchmal auf dieses eine bunte Bild, das wie ein visueller Anker in meinem Zimmer hängt und denke an all die bunten Blumen in meinem Garten.